(K)eine Lösung für andere

1982 stellten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg ihr Konzept der lösungsorientierten Kurztherapie vor. Ein "Modell", das wesentlich zu einem neuen Verständnis der Lösungsfindung beitrug, indem es die Betrachtung weg vom Problem, hin zur Lösung lenkte. Lösungen finden statt Probleme wälzen, könnte man recht verkürzt sagen, wissend, dass es dem Ansatz nicht ganz gerecht wird. Auf jeden Fall entspricht dieser Ansatz (geprägt von Wittgenstein, Erickson, den Konstruktivisten und der Palo-Alto-Gruppe) eher dem heutigen "Zeitgeist" als Freuds Psychoanalyse, die das zigfache an Zeit der Ursachenforschung widmet (sehr verkürzt ausgedrückt). Schlagworte wie "Einfachheit" und vor allem "Kurz" machen de Shazers Ansatz für den Leien interessant, und so darf es nicht verwundern, dass sich nicht nur Klienten beim Finden ihrer Lösungen  sich diesen Ansatz zu Nutze machen...

Was beim Finden der eigenen Lösung überaus erfolgreich funktioniert, lässt sich beim Finden von Lösungen für andere nicht zum Ansatz bringen. So war die Kurztherapie nie gemeint, ebenso wenig, wie der zugrunde liegende Denkansatz! Und trotzdem neigen wir dazu, man verzeihe mir meine Polemik, den anderen Lösungen vorzusetzen, ohne ihr Problem auch nur im Ansatz erfasst zu haben. 

Mich erstaunt die Leichtigkeit, mit der Antworten gegeben werden, ohne, dass sich darin die Frage wiederfindet. Noch mehr erstaunt es mich, dass das Verbleiben an Oberflächen offensichtlich toleriert wird. In der direkten Auseinandersetzung beharrt kaum noch jemand auf "Verständnis". Wir begnügen uns mit dem Reden, ohne etwas von Relevanz für den anderen zu sagen, den eigenen Verdruss darüber wahrnehmend. Denn wie wir Antworten geben, werden sie sie uns auch vorgesetzt. Was nach zwischenmenschlichem Versagen klingt, lässt sich spielend auf größere Systeme (mehr Menschen betreffend) übertragen. Viele Antworten, die uns beispielsweise die Politik liefert, gehen schlicht an den Problemen und Fragen vorbei, weil ihnen nicht mehr auf den Grund gegangen wird, weil die Fragen nicht gestellt, geschweige denn verstanden werden. Weil man sich mit Oberflächen be- oder vergnügt. Weil es eben kurz und einfach sein muss, wie es dem Zeitgeist entspricht und Steve de Shazer - der dreht sich dabei im Grab um...

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Kerstin Feirer

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