Ich hoffe zu hoffen...

Gute Gespräche erkenne ich daran, indem ich danach mehr zu denken habe, als zuvor. Gestern unterhielt ich mich mit einer Freundin. Hoffnung stand im Raum. Ein Begriff, den ich bisher unterschätz habe - um nicht abschätzig zu sein...

 

Für mich war sie nicht mehr, als der verzweifelte Versuch, der Ausweglosigkeit eine Abbiegespur abzuringen. Für "Feiglinge", die sich nicht den Tatsachen stellen. Für "Schwache", die nicht in der Lage sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die stattdessen leichtgläubig an Wunder glauben. Zu hoffen bedeutete bisher für mich, die rosarote Wolke mit der Wirklichkeit zu tauschen. Realitätsverweigerung für Leichtgläubige. So dachte ich, bis gestern, bis zu dem Moment als ich sie mir vorstellen wollte. In Angesicht der Tatsachen, die Wirklichkeit vor Augen. Ich konnte es nicht. Es bedurfte eindeutig mehr als das Abgeben von Selbstverantwortung. Ich war chancenlos, mich der Realität zu verweigern. Und worauf sollte ich hoffen? Darauf, dass sich der Glauben an das Hoffen einstellt? Es war zum verzweifeln...

 

Hoffnung entsteht erst dort, wo die Verzweiflung überwunden wird. Ein wahrer Kraftakt, der meine Kräfte offensichtlich übersteigt. "Ich verzweifle leichter, als ich hoffen kann!" kam es mir in den Sinn. Und der Gedanke lässt mich seither nicht mehr los. Ich denke an jene, die sie aufgebracht haben. Bis zum Schluss. Welche Kraft in ihnen steckte, indem sie hofften obwohl ihre Umgebung, mich eingeschlossen, sie immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholten, anstatt sie fliegen zu lassen. Jetzt, darüber nachdenkend, tut es mir leid, dass ich ihr Hoffen zu wenig unterstützt habe, indem ich ihnen unterstellt habe, sie würden anstatt zu kämpfen, es sich zu leicht machen. 

 

"Hoffnung ist ein guter Zustand!" habe ich gestern, eher beiläufig gesagt, nicht ahnend, welcher Aufgabe (nämlich der Verzweiflung) man sich da eigentlich stellt. Ob sie sich erfüllt, oder nicht. Das spielt bei der Hoffnung keine Rolle. Sie ist einfach ein guter Zustand, ein Fenster mit Aussicht, durch das Licht auf den Boden der Tatsachen fällt und ihn vielleicht ein wenig schimmern lässt. Darauf hoffe ich, wenn ich eines Tages genug Kraft für meine Hoffnung aufbringe.

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Kerstin Feirer

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