"Das ist jetzt aber nicht lieb..."

Katzen in Videos...hab ich nicht verstanden. Bis vor kurzem. Ich konnte mir nicht vorstellen, was daran derart reizvoll ist, dass man 1,25 Minuten seiner kostbaren Lebenszeit dafür verwendet um dem Katzerl, wobei auch immer, zuzusehen. Hinzu kamen die Kommentare, also die Emojis mit Herzküsschen, die sich in ihren Lobpreisungen  nur so überschlugen. Für nichts - die Katze ist einfach nur Katze, tut was sie tut, weil sie Katze ist und irgendjemand hält die Kamera drauf. Aufmerksamkeit ohne Ende, ohne Inhalt (außer die Katze), und gänzlich ohne Aussage. Aussage...keine Aussage! Katzen sagen nichts. Das ist der Punkt.

 

Vielleicht war es bloßer Zufall, eine Gleichzeitigkeit, als mir auffiel, dass vermehrt Katzenvideos gepostet wurden, je mehr "Meldungen" mit der Aufforderung nachzudenken im Netz grassierten. Je anstrengender die Forderung, je komplexer der Inhalt, umso höher die Wahrscheinlichkeit eines Katzenvideos im Anschluss.  Eine Korrelation? Vielleicht. Wobei diese mögliche Erkenntnis nichts zu meinem Verständnis beigetragen hätte. Vielmehr überraschte mich der Effekt, den ich an mir feststellen konnte. Es war so ruhig! Auch in mir! Kein Widerwort, keine Anfechtung. Alles war ok - selbst ich. Ich ertappte mich dabei, wie ich "oh wie lieb!" dachte. Über die Katze, die wie bescheuert im Zimmer auf und ab lief und nichts zu sagen hatte! Keine Aussage, die ich mit mir in Verbindung hätte bringen müssen. Völlig unbefangen konnte ich beobachten, ohne mir eine Meinung zu machen. War nicht nötig. Das bloße Zusehen entspannte und erzeugte ein angenehmes Gefühl, das mich plötzlich milde auf Katzen blicken ließ, die ich sonst im Alltag als äußerst unangenehm empfinde, da sie meinen Garten als Toilette benutzen. Nichts hatte mit mir zu tun. Deshalb kam es mir auch so lieb vor...

 

Das war die Quintessenz der Katzenvideos und je mehr ich seither darüber nachdenke, umso deutlicher lässt sich das auf alles übertragen! Ich finde Kinder lieb, solange sie nicht brüllen. Ich finde Mitmenschen lieb, solange sie nicht herumhetzen. Ich finde Mitarbeiter lieb, solange sie nichts fordern. Ich finde Hunde lieb, solange sie nicht knurren. Ich finde Katzen lieb - weil sie einfach die Schnauze halten!

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Kerstin Feirer

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